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Kategorie: Urheberrecht

LG Köln: Wann ein Videospiel-Konzept urheberrechtlich geschützt ist - und wann nicht

Die Idee eines Videospiels ist nicht urheberrechtlich schützbar, sondern nur dessen konkrete Ausgestaltung.

Die bloße Idee eines Videospiels kann nicht urheberrechtlich geschützt, sondern stets immer nur die konkrete Ausgestaltung. An der notwendigen individuellen Schöpfungshöhe fehlt es jedoch, wenn der Spielablauf und Spielregeln in weiten Teilen durch Logik vorgegeben werden (LG Köln, Urt. v. 11.01.2024 - Az.: 14 O 441/23).

In der vorliegenden rechtlichen Auseinandersetzung ging es um den urheberrechtlichen Schutz eines Mobile Games: 

"X(...) war sowohl bei Google Play als auch im AppStore mehrfach auf der Bestenliste genannt, es war das "Spiel des Tages" im AppStore und wurde auch mehrfach in der redaktionellen Auswahl beider Plattformen gelistet. X(...) wurde bislang allein auf Google Play etwa 10 Millionen mal heruntergeladen.

Das Spiel rangierte bei Antragseingang auf dem 8. Platz (von 200 gelisteten) aller frei erhältlicher Rennsport-Spiele, die derzeit im AppStore angeboten wurden. Stand September 2023 hatte die Antragstellerin US-$ 27,5 Mio. für Marketing für X(...) aufgewendet.

Bei X(...) handelt es sich um ein Genre von Rennspiel, welches in der Videospiel-Szene als "Idle Game", "Incremental Game" oder "Clicker Game" bezeichnet wird. 

Bei dieser Art von Spielen ist es nicht die Aufgabe der Spieler, ihre Spielfigur dirigierend in den Spielverlauf einzugreifen, sondern sie haben die Aufgabe, im Vorfeld jedes Rennens ihre Figur anzupassen und zu trainieren, ihre Fähigkeiten zu entwickeln, die bestmögliche Ausrüstung für jedes Rennen auszuwählen, bestimmte Ausrüstungsgegenstände zu sammeln und die Erscheinung der Spielfigur zu individualisieren, um so jedes einzelne Rennen zu gewinnen. Bei dem eigentlichen Rennen nimmt die Spielfigur autonom und ohne Einfluss des Spielers teil."

Die Klägerin argumentierte, diese Ausgestaltung mache das Game zu einem einzigartigen Spielkonzept, welches urheberrechtlich geschützt sei. 

Die Beklagte hatte ein ähnliches Spiel auf den Markt gebracht. Dies wollte die Klägerin verbieten lassen.

Das LG Köln wies die Klage ab.

Zwar sei das Mobile Game als Computerprogramm urheberrechtlich geschützt. Im vorliegenden Fall wolle die Klägerin jedoch nicht die konkrete Ausformung, sondern ihr Spielkonzept an sich schützen:

"Der Schutz des Spieles X(…) als Computerprogramm wird von der Verfügungsklägerin vorliegend für sich genommen nicht geltend gemacht. Auch der Schutz bestimmter audiovisueller Spieldaten, also Grafiken, Musik, Filmsequenzen, Texte und Modelle, wird von der Verfügungsklägerin nicht verlangt. (…)

Vielmehr begehrt die Verfügungsklägerin Unterlassung hinsichtlich der öffentlichen Zugänglichmachung des Videospiels der Verfügungsbeklagten „F. V.“ insgesamt und zwar nur dann, „wenn und soweit die Version des Videospiels "F. V." das Spielkonzept enthält, dass ein sogenanntes "idle game" Rennspiel vorliegt, bei dem die Spielfigur in vier verschiedenen Disziplinen ein bestimmtes Terrain autonom zu überwinden hat, der Spieler dabei die Aufgabe hat, vor jedem Rennen seine Figur durch Trainings und bestimmte Ausrüstung bestmöglich vorzubereiten, damit die Spielfigur sodann autonom das jeweilige Rennen bestreitet, und durch das Gewinnen von Rennen, bestimmte Ereignisse oder den Erwerb im Shop die Ausrüstungsgegenstände erlangt werden können (…)."

Dies lehnten die Richter ab:

"Dabei ist indes zu beachten, dass die bloße Idee, also bloße Vorstellungen von einem Werk, die noch keine konkrete Form gefunden haben, nicht geschützt ist. Erst wenn diese Ideen eine konkrete Gestalt angenommen haben, beginnt der Urheberrechtsschutz (…).

Eine Fabel im Sinne der Gestaltung eines Romanstoffs entnimmt die Kammer den von der Verfügungsklägerin vorgetragenen Merkmalen von X(…) indes nicht. Denn die Zusammenfügung der Merkmale (…) erzählt keine Geschichte und beschreibt auch keinen (komplexen) Handlungsstrang im Sinne einer solchen Fabel. Vielmehr stellt sie ein in sich geschlossenes System von Spielregeln und die Abfolge von Inhalten dar, die überdies in weiten Teilen durch Logik vorgegeben sind. An dieser Stelle ist für eigenschöpferische Tätigkeit kein Raum. (…)

Dies führt dazu, dass die Zuerkennung des urheberrechtlichen Schutzes, wie ihn die Verfügungsklägerin begehrt, bei Lichte betrachtet zu einer Monopolisierung eines „Idle Game“ Rennspiels mit Trainingsfunktion, mit Ausstattungsoptionen vor jedem Rennen und Progressionssystem unabhängig von der konkreten Ausgestaltung führen würde. Damit würde aber ein dem Urheberrecht fremder Ideenschutz bewirkt."

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