Newsletter
Zurück |
Newsletter vom 13.02.2013 |
Betreff: Rechts-Newsletter 7. KW / 2013: Kanzlei Dr. Bahr |
|
Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Volltext der "Rapidshare"-Entscheidung liegt vor _____________________________________________________________ Der Volltext der BGH-Entscheidung zur Haftung des One-Click-Hosters "Rapidshare" (BGH, Urt. v. 12.07.2012 - Az.: I ZR 18/11) liegt nunmehr vor.
Leitsätze im Überblick: 2. Die Eignung eines Wortfilters mit manueller Nachkontrolle für die Erkennung von Urheberrechtsverletzungen wird nicht dadurch beseitigt, dass er mögliche Verletzungshandlungen nicht vollständig erfassen kann. 3. Zur Vermeidung einer Störerhaftung kann ein File-Hosting-Dienst auch verpflichtet sein, im üblichen Suchweg eine kleine Anzahl einschlägiger Link-sammlungen manuell darauf zu überprüfen, ob sie Verweise auf bestimmte bei ihm gespeicherte urheberrechtsverletzende Dateien enthalten."
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
1. Der BGH erklärt, dass Rapidshare (und somit One-Click-Hoster grundsätzlich) ein legales Geschäft betreiben, auch wenn in einem gewissen Umfang häufiger Urheberrechtsverletzungen bei einem solchen Geschäftsbetrieb vorkämen. Auch wenn Rapidshare durch Premium-Accounts die Download-Tätigkeit z.T. fördere, liege darin keine risikoerhöhende Gefährdung. Es bestehe vielmehr ein wirtschaftlich legitimes Interesse des Hosters. 2. Dem One-Click-Hoster dürften nur zumutbare Maßnahmen auferlegt werden. Dazu gehöre im Zweifel nicht nur die Benutzung eines Wortfilters, sondern auch die manuelle Kontrolle einer einstelligen Zahl von Linksammlungen zuzumuten. 3. Der BGH bestätigt indirekt die Rechtsansicht des LG Hamburg (Beschl. v. 11.01.2013 - Az.: 308 O 442/11). Siehe dazu unsere News v. 25.01.2013. Das Hamburger Gericht hatte entschieden, dass eine Unterlassungserklärung, die sich lediglich auf die Täterschaft und Teilnahme einer Rechtsverletzung bezieht, nicht die Wiederholungsgefahr für die Fälle der Störerhaftung ausschließt. Der BGH erklärt dazu: "Die Anträge der Klägerin verfehlen allerdings die konkrete Verletzungsform. Denn mit der durch die Anträge zu a) und zu b) näher konkretisierten Formulierung, der Beklagten zu untersagen „das Computerspiel „Alone in the Dark“ im Internet, insbesondere über von der Beklagten betriebene Server für das Internetangebot www.rapidshare.com oder auf sonstige Weise vervielfältigen zu lassen oder öffentlich zugänglich zu machen“, knüpft der Unterlassungsantrag der Klägerin an eine täterschaftliche Haftung der Beklagten an.
Dies bedeutet, dass Unterlassungserklärungen - und somit auch spiegelbildlich Klagen - in Fällen der Mitstörerhaftung anders formuliert sein müssen als bislang überwiegend angenommen. Dies betrifft nicht nur den Bereich des Urheberrechts, sondern gilt für sämtliche Rechtsgebiete, natürlich insbesondere den Gewerblichen Rechtsschutz.
Die Klägerin produziert und vertreibt Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Konsole "Nintendo DS" und zahlreiche dafür passende Spiele. Sie ist Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den Computerprogrammen, Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken, die Bestandteil der Videospiele sind. Die Videospiele werden ausschließlich auf besonderen, nur für die Nintendo-DS-Konsole passenden Speicherkarten angeboten, die in den Kartenschacht der Konsole eingesteckt werden. Die Beklagten boten im Internet Adapter für die Nintendo-DS-Konsole an. Diese Adapter sind den originalen Speicherkarten in Form und Größe genau nachgebildet, damit sie in den Kartenschacht der Konsole passen. Sie verfügen über einen Einschub für eine Micro-SD-Karte oder über einen eingebauten Speicherbaustein ("Flash-Speicher"). Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Raubkopien der Spiele auf der Konsole verwenden. Dazu laden sie solche Kopien der Spiele aus dem Internet herunter und übertragen diese sodann entweder auf eine Micro-SD-Karte, die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters. Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der Adapter einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 95a Abs. 3 UrhG; diese Bestimmung regelt den Schutz wirksamer technischer Maßnahmen, die ihrerseits dem Schutz urheberrechtlich geschützter Werke dienen. Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Vernichtung der Karten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Vertrieb der Adapter verstoße gegen § 95a Abs. 3 UrhG. Das aufeinander abgestimmte Format der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen stelle eine wirksame technische Maßnahme zum Schutz der in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerke dar. Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. § 95a Abs. 3 UrhG setzt Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG nahezu wörtlich ins deutsche Recht um. Beide Bestimmungen regeln den Schutz von Maßnahmen zum Schutz urheberrechtlich geschützter Werke. Für den Schutz von Maßnahmen zum Schutz von Computerprogrammen sehen allerdings die Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2009/24/EG und die zu ihrer Umsetzung ergangene Bestimmung des § 69f Abs. 2 UrhG eine besondere - weniger weitreichende - Regelung vor. Zudem bestimmt Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG, dass die Richtlinie 2001/29/EG - und damit auch deren Art. 6 Abs. 2 - die bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den rechtlichen Schutz von Computerprogrammen unberührt lässt. Die zur Umsetzung dieser Vorschrift dienende Regelung des § 69a Abs. 5 UrhG bestimmt unter anderem, dass die Regelung des § 95a Abs. 3 UrhG nicht auf Computerprogramme anwendbar ist. Die von den Klägerinnen vertriebenen Videospiele bestehen nicht nur aus Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken; vielmehr liegen ihnen auch Computerprogramme zugrunde. Deshalb stellt sich die Frage, ob sich der Schutz von Maßnahmen zum Schutz solcher "hybriden Produkte" wie insbesondere Videospiele nach den speziell für Computerprogramme oder nach den allgemein für Werke geltenden Bestimmungen richtet oder ob sowohl die einen wie auch die anderen Bestimmungen anwendbar sind. Da diese Frage die Auslegung des Unionsrechts betrifft, hat der BGH sie dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Beschluss vom 6. Februar 2012 - I ZR 124/11 - Videospiel-Konsole LG München I - Urteil vom 14. Oktober 2009 - 21 O 22196/08, MMR 2010, 341 OLG München - Urteil vom 9. Juni 2011 - 6 U 5037/09
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 07.02.2013
Dabei wendet sich ein Teil der Klageanträge dagegen, dass sich die Beklagte zum Beleg ihrer Werbeaussage konkret auf eine Studie gestützt hat. Ein anderer Teil der Anträge richtet sich gegen die Werbeaussage ohne Bezugnahme auf eine Studie. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, die Studienergebnisse, auf die sich die Beklagte stützt, seien wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert. Die Werbung sei daher irreführend. Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg. Die Werbung, so das Kammergericht, verstoße nicht gegen das Wettbewerbsrecht, weil die Studienergebnisse, auf die sich die Werbeaussagen der Beklagten stützten, Eingang in die beim Zulassungsverfahren geprüfte Fachinformation gefunden hätten. Deshalb sei zu vermuten, dass der Gewichtsvorteil, mit dem die Beklagte geworben hatte, dem wissenschaftlich gesicherten Stand entspreche. Diese Vermutung habe die Klägerin nicht widerlegt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision will die Klägerin die Verurteilung der Beklagten erreichen. Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen. Von der Aufhebung betroffen sind diejenigen Anträge, die sich gegen die durch Bezugnahme auf eine Studie belegte Werbung mit einem Gewichtsvorteil richten. Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass insoweit eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen den Grundsatz der "Zitatwahrheit" in Betracht kommt. Danach sind Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Dafür ist im Regelfall erforderlich, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch die Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist. Ob auch - wie im Streitfall - nachträglich anhand vorliegender Studiendaten im Rahmen einer sogenannten Subgruppenanalyse oder im Wege der Zusammenfassung mehrerer wissenschaftlichen Untersuchungen (Metaanalyse) erstellten Studien eine Werbeaussage tragen können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei kommt es für die Frage der Irreführung neben der Einhaltung der für diese Studien geltenden wissenschaftlichen Regeln vor allem darauf an, ob der Verkehr in der Werbung hinreichend deutlich auf die Besonderheiten der Art, Durchführung oder Auswertung dieser Studie und gegebenenfalls die in der Studie selbst gemachten Einschränkungen im Hinblick auf die Validität und Bedeutung der gefundenen Ergebnisse hingewiesen und ihm damit die nur eingeschränkte wissenschaftliche Aussagekraft der Studie vor Augen geführt wird. Solche aufklärenden Hinweise enthält die beanstandete Werbung nicht, obwohl die in Bezug genommene Studie Anlass dazu gegeben hat. Dagegen ist die ohne konkreten Bezug zu der Studie aufgestellte Behauptung eines Gewichtsvorteils im Streitfall rechtlich nicht zu beanstanden, weil sich ein solcher Vorteil - genauer: eine geringere Gewichtszunahme - nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Kammergerichts im Streitfall aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung und der Fachinformation entnehmen lässt. Zwar gilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung nach dem im Heilmittelwerberecht maßgebenden Strengeprinzip generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Grundsätzlich kann sich aber - so der Bundesgerichtshof - ein Werbender zum wissenschaftlichen Nachweis der Richtigkeit seiner Werbebehauptung auf den Inhalt der Zulassung und der Fachinformation berufen, weil diese Unterlagen Gegenstand der Überprüfung durch die Zulassungsbehörde sind. Eine Irreführung kommt aber dann in Betracht, wenn der Kläger darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass neuere, erst nach dem Zulassungszeitpunkt bekanntgewordene oder der Zulassungsbehörde bei der Zulassungsentscheidung sonst nicht zugängliche wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die gegen die wissenschaftliche Tragfähigkeit der durch die Zulassung belegten Aussagen sprechen. Da die Klägerin nichts zu solchen Erkenntnissen vorgetragen hatte, war die Klageabweisung insofern zu Recht erfolgt. Urteil vom 6. Februar 2013 - I ZR 62/11 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil
LG Berlin - Urteil vom 9. Juni 2009 - 15 O 704/07
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 06.02.2013
Leitsatz des Gerichts:
2. Unterrichten eine öffentlich-rechtliche Körperschaft und ein Unternehmen die Öffentlichkeit über eine Zusammenarbeit, trifft das Unternehmen im Regelfall keine Pflicht zu prüfen, ob die Art und Weise der Mitteilung das der öffentlich-rechtlichen Körperschaft auferlegte Gebot zur neutralen und objektiven Amtsführung verletzt."
zurück zur Übersicht
Der Kläger bestellte im November 2009 bei der Beklagten, einer BMW-Vertragshändlerin, zum Preis von 39.000 € einen BMW 320d als Neuwagen. Im Dezember 2009 verweigerte er die Annahme des Fahrzeugs wegen Schäden an der Lackierung und der Karosserie und verlangte unter Fristsetzung Nachbesserung. Gestützt auf ein Sachverständigengutachten, das die daraufhin vorgenommene Nachbesserung für nicht ordnungsgemäß erachtet hatte, lehnte er Mitte Januar 2010 eine Übernahme des Fahrzeugs erneut ab und trat vom Vertrag zurück, nachdem die Beklagte sich darauf berufen hatte, dass das Fahrzeugs nunmehr mängelfrei sei. Der Kläger hat die Beklagte auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Anzahlung in Höhe von 10.000 €, Freistellung von den zur Fahrzeugfinanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten sowie Ersatz von Sachverständigenkosten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger sich angesichts seines Nachbesserungsverlangens nicht mehr auf die fehlende Fabrikneuheit des Fahrzeugs berufen könne und die verbliebenen Mängel, auch wenn zu deren Beseitigung Kosten von bis zu sieben Prozent des Kaufpreises anfallen könnten, lediglich optischer Natur und kaum wahrnehmbar seien. Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Käufer eines Neuwagens grundsätzlich erwarten kann, dass die von ihm verlangte Nachbesserung technisch den Zustand herbeiführt, der dem werksseitigen Auslieferungsstandard entspricht. Verlangt der Käufer eines Neuwagens die Beseitigung von Mängeln, verzichtet er damit nicht auf die mit der Neuwagenbestellung vereinbarte Beschaffenheit einer Fabrikneuheit des Fahrzeugs. Wird durch die Nachbesserungsarbeiten ein Fahrzeugzustand, wie er normalerweise bei einer werksseitigen Auslieferung besteht, nicht erreicht, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten. Der Rücktritt ist dabei auch nicht durch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB* ausgeschlossen. Denn der als Beschaffenheit vereinbarte fabrikneue Zustand des Fahrzeugs ist ein maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Kaufentscheidung und spielt auch wirtschaftlich eine Rolle, da Fahrzeuge, die nicht mehr als fabrikneu gelten, mit deutlichen Preisabschlägen gehandelt werden. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur Klärung neu aufgetretener Umstände, die aus prozessualen Gründen im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden konnten, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
*323 BGB: Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung Urteil vom 6. Februar 2013 - VIII ZR 374/11
LG Bochum - Urteil vom 23. Februar 2011 – 6 O 151/10
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 06.02.2013
Die Parteien, in Arnstadt und in Bielefeld ansässige Firmen, stellen mit im Ausland gewonnenen Latex Kondome her und vertreiben diese. Die Antragsgegnerin bewarb ihre Produkte mit „KONDOME - Made in Germany“. Dabei bezog sie die Rohlinge aus dem Ausland, um diese in ihrem Arnstädter Werk – sofern sie als „feuchte Kondome“ verkauft werden sollten – zu befeuchten und im Übrigen zu verpacken und zu versiegeln. In dem Werk führte sie außerdem eine Qualitätskontrolle durch, um Dichtigkeit und Reißfestigkeit der Kondome zu ermitteln. Die Parteien streiten darüber, ob die Bezeichnung der so hergestellten Kondome als „Made in Germany“ eine irreführende Bewerbung darstellt, weil ein Kunde über die geographische/betriebliche Herkunft der Produkte getäuscht wird. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat den Tatbestand einer irreführenden Werbung bejaht und die Antragsgegnerin zur Unterlassung der Werbeaussage verurteilt. Die Werbeaussage begründe die Erwartung des Verbrauchers, dass alle wesentlichen Fertigungsschritte, zumindest jedoch der maßgebliche Herstellungsvorgang, bei dem die Ware die bestimmenden Eigenschaften erhalte, in Deutschland stattgefunden hätten. Diese Verbrauchererwartung treffe auf die von der Antragsgegnerin vertriebenen Kondome nicht zu. In Deutschland werde nur ein Teil der bereits im Ausland vorgefertigten Produkte befeuchtet. Hierin liege nur die Fertigung einer Alternative des Endproduktes. Einsiegeln, Verpacken und die Qualitätskontrolle hätten mit der Herstellung des eigentlichen Endproduktes nichts mehr zu tun. Dass der Herstellungsprozess der Antragsgegnerin den Vorschriften des deutschen Medizinproduktegesetzes genüge, beseitige den Vorwurf wettbewerbswidrigen Handelns nicht.
Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.11.2012
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 29.01.2013
Das hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06.02.2013 entschieden und damit das anderslautende erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Essen abgeändert. Die im März 1991 geborene Klägerin war durch eine im Jahre 1990 im Institut des beklagten Arztes in Essen durchgeführte heterologe Insemination gezeugt worden. Sie hat vom Beklagten als behandelndem Arzt Auskunft über den Samenspender verlangt, um in Erfahrung zu bringen, von welchem Mann sie abstammt. Der Beklagte hat die Auskunft mit der Begründung verweigert, er habe mit den seinerzeit beteiligten Personen vereinbart, dass der Samenspender anonym bleibe. Das aus dieser Absprache folgende Geheimhaltungsinteresse sei höher zu bewerten als das Auskunftsbegehren der Klägerin. Er sei zur Verschwiegenheit verpflichtet. Außerdem könne er die möglichen Samenspender nicht mehr benennen, weil die ihre Identifizierung ermöglichenden Unterlagen nicht mehr vorhanden seien.
Nach der Entscheidung des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts ist das Auskunftsbegehren der Klägerin gerechtfertigt. Das Interesse der Klägerin, ihre Abstammung zu erfahren, sei höher zu bewerten als die Interessen des Beklagten und der Samenspender an einer Geheimhaltung der Spenderdaten. Geheimhaltungsinteressen der Zum Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und zur Menschenwürde der Klägerin gehöre ein autonomer Bereich privater Lebensgestaltung, in dem sie ihre Persönlichkeit entwickeln und wahren könne. Um ihre Persönlichkeit verstehen und entfalten zu können, müsse die Klägerin die für diese konstitutiven Faktoren kennen. Hierzu zähle auch ihre Abstammung. Hinter diese fundamentale Rechtsposition müssten die Freiheit zur Berufsausübung auf Seiten des Beklagten sowie sein Persönlichkeitsrecht und die Persönlichkeitsrechte der auf ihre Anonymität vertrauenden Spender zurücktreten. Die Persönlichkeitsrechte dieser seien nicht in ihren zentralen Bereichen betroffen. Der Beklagte und die Spender sei-en bereits deswegen weniger schutzbedürftig, weil sie die Folgen einer anonymen Samenspende im Vorhinein hätten berücksichtigen und sich auf die mit einem Auskunftsverlangen des gezeugten Kindes für sie ver-bundenen Folgen hätten einstellen können. Für ein vorrangiges Recht der Klägerin spreche zudem die nicht zur Disposition der Beteiligten stehende familienrechtliche Rechtslage. Nach dieser habe dem Beklagten wie auch den Spendern bei der künstlichen Zeugung klar sein müssen, dass jedenfalls das gezeugte Kind die gesetzliche Vaterschaft zu einem späteren Zeitpunkt würde anfechten können und es dann ein Recht auf Feststellung der Vaterschaft des Samenspenders mit allen sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen haben würde. Auf diesen Zusammenhang wiesen auch die seinerzeit geltenden Richtlinien der Deutschen Ärztekammer hin. Da der Beklagte zur Auskunft verpflichtet sei, verstoße er gegen keine ärztliche Schweigepflicht und begehe keine Straftat, wenn er die Auskunft erteile, er handle insoweit nicht unbefugt. Dass ihm eine Auskunftserteilung unmöglich sei, habe der Beklagte nicht bewiesen. Die Auskunft sei dem Beklagten erst dann unmöglich, wenn er die benötigten Informationen auch nach einer umfassenden Recherche in seiner Praxis nicht mehr beschaffen könne. In diesem Zusammenhang habe der Beklagte bereits widersprüchlich vorgetragen. Die vor dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme habe seine Darstellung zudem nicht bestätigt. Auch nach der hierzu vom Beklagten abgegebenen Stellungnahme könne der Senat nicht davon ausgehen, dass der Beklagte bereits eine vollständige Befragung seiner damaligen Mitarbeiter vorgenommen und eine umfassende Recherche nach den vermeintlich fehlenden Unterlagen veranlasst habe. Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 06.02.2013 (I-14 U 7/12), Revision nicht zugelassen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 06.02.2013
Wir erinnern uns: Der BGH (Urt. v. 05.10.2010 - Az.: I ZR 4/06) hat vor einiger Zeit das jahrzehntelange Kopplungsverbot bei Gewinnspielen aufgehoben. Siehe dazu auch unseren Law-Vodcast "Gewinnspielrechtliches Kopplungsverbot in Deutschland europarechtswidrig". Das OLG Köln (Urt. v. 21.09.2012 - Az.: 6 U 53/12) ist der Ansicht, dass eine gewinnspielrechtliche Kopplung bei Minderjährigen auch weiterhin wettbewerbswidrig sein kann. Im nun vorliegenden Fall musste der Kunde seinen Kassenbon abgeben, um an dem vom Lebensmittel-Discounter veranstalteten Gewinnspiel teilnehmen zu können. Das Gericht sah hierin einen Verstoß gegen das Verbot der Gewinnspiel-Kopplung des § 4 Nr.6 UWG. Dadurch, dass der Verbraucher seinen Kassenzettel abgebe, fehle ihm die Möglichkeit im Falle der Gewährleistung den Kauf nachzuweisen. Auf diesen Umstand hätte der Veranstalter hinweisen müssen. Da dies jedoch nicht erfolgt sei, handle das Unternehmen wettbewerbswidrig.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Der BGH hatte in seiner Grundlagen-Entscheidung erhebliche Zweifel angemeldet, ob bei Gewinnspiel-Kopplungen solche Fälle überhaupt denkbar sind. Das LG Amberg hat nun diese Konstellation mit Leben erfüllt und sieht eine Verletzung dann als gegeben an, wenn der Verbraucher durch die Abgabe des Kassenbons seiner Nachweismöglichkeit beraubt würde.
Nach einem jetzt veröffentlichten Urteil des Landgerichts Coburg wurde der Schadenersatzklage eines Käufers im Internet stattgegeben.
Sachverhalt:
Der Kläger wollte, nachdem die Hosen nicht mehr lieferbar waren, etwa 10.000.00 Euro entgangenen Gewinn ersetzt. Er trug vor, dass er die Hosen für 30.000,00 Euro weiterverkauft hätte. Den entgangenen Gewinn wollte er als Schadenersatz. Der Beklagte meinte, dass er keine Pflichten aus dem Vertragsverhältnis verletzt habe. Jedenfalls könne er nichts dafür, dass sein Bruder die Hosen anderweitig weiterverkauft habe.
Gerichtsentscheidung:
Der Schuldner muss seinen Geschäftsbetrieb so organisieren, dass Veräußerungen, die bestehenden Verträgen widersprechen, unterbleiben. Es war nicht ersichtlich, dass der beklagte Verkäufer entsprechende Vorkehrungen getroffen hatte. Hinsichtlich des behaupteten entgangenen Gewinns vernahm das Gericht denjenigen, der die Hosen vom Internetkäufer erwerben wollte. Dieser Zeuge gab an, dass er bereits mehrmals größere Posten Ware vom Kläger erworben hatte. Daher war das Gericht davon überzeugt, dass dieser Zeuge die Hosen für 30.000,00 Euro abgenommen hätte. Somit muss der beklagte Internetverkäufer den Schadenersatz und die Verfahrenskosten bezahlen.
Fazit:
(Landgericht Coburg, Urteil vom 17.09.2012, Az.: 14 O 298/12; rechtskräftig)
Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg v. 11.02.2013
Gewerbliche Facebook-Seiten benötigen ein ordnungsgemäßes Impressum nach § 5 TMG, so die Regensburger Richter in einer aktuellen Entscheidung. Darüber hinaus sind auch Fälle, in denen ein Unternehmen massenhaft Abmahnungen ausspricht, nicht rechtsmissbräuchlich. Im vorliegenden Fall hatte die klägerische Firma innerhalb einer Woche 180 Abmahnungen wegen fehlerhafter Impressums-Verstöße vorgenommen. Dabei hatte die Klägerin sich einer eigenen, speziellen Such-Software bedient, die die Rechtsverstöße innerhalb eines Tages ausfindig machte.
Die Richter halten ein solches Vorgehen jedoch für legitim und nicht für zu beanstanden. Es würde sich eben umfangreich nicht an das Gesetz gehalten, so dass auch umfangreich Rechtsverstöße vorlägen und somit Abmahnungen ausgesprochen werden könnten.
Im Oktober 2012 hatten Mitarbeiter der Städteregion im Produktionsbereich der Antragstellerin diverse lebensmittelrechtliche Verstöße festgestellt und angekündigt, diese in dem Internet-Portal www.lebensmitteltransparenz-nrw.de zu veröffentlichen. Die Antragstellerin verweist darauf, dass alle Mängel mittlerweile behoben seien und eine Veröffentlichung im Internet ihre Existenz vernichten würde. Für die Städteregion rechtfertigten die festgestellten erheblichen Verstöße eine Information der Öffentlichkeit. § 40 des Lebensmittel- und Futtermittel-Gesetzbuches (LFGB) gestatte in einem solchen Fall die Namensnennung im Internet. Das Gericht hat ausgeführt, eine Veröffentlichung greife schwerwiegend in die Grundrechte der Antragstellerin ein. Ob dies rechtmäßig sei, müsse in dem von der Antragstellerin bereits angestrengten Klageverfahren geklärt werden. In der Rechtsprechung würden erhebliche Bedenken bestehen, ob § 40 LFGB mit EU-Recht und deutschem Verfassungsrecht vereinbar sei. Diese Bedenken habe zuletzt der Verwaltungsgerichtshof Mannheim mit Beschluss vom 28. Januar 2013 geäußert. Die deshalb im Eilverfahren gebotene Abwägung falle wegen der mit einer Veröffentlichung verbundenen Folgen zu Gunsten der Antragstellerin aus, zumal die Städteregion ordnungsrechtlich vorgehen könne, wenn Gefahren von Produkten der Antragstellerin ausgingen.
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig.
Der Beklagte erwarb über eBay zwei Steuergeräte von der Klägerin. Als der Beklagte meinte festzustellen, dass die Ware defekt war, gab er nachfolgende Bewertung ab: "VORSICHT!!!! beide Steuergeräte defekt Vorsicht lieber woanders kaufen!" Das Gericht bewertete diese Äußerung als unzulässig. Ein Käufer dürfe zwar, wenn die Ware tatsächlich defekt sei, dies im Rahmen der Bewertung auch niederschreiben. Hier verknüpfe der Beklagte jedoch seine an sich zulässige Äußerung mit zweimal konkret ausgesprochenen Warnungen ("Vorsicht", Verwendung der Ausrufezeichen).
Dies erwecke den Eindruck, als habe die Klägerin bewusst defekte Geräte verkauft und sei auch nicht willens, kaputte Ware auszutauschen. Dies sei jedoch unstreitig nicht der Fall, so dass es sich insgesamt um eine unzulässige Äußerung handle.
Der Beklagte zog um und wollte seinen DSL-Anschluss zu den bisherigen Konditionen mitnehmen. Dies lehnte das klägerische Telekommunikations-Unternehmen ab. Zwar bestünden am neuen Wohnort die technischen Voraussetzungen, jedoch würde der gebuchte Tarif nicht mehr angeboten. Daraufhin wechselte der Beklagte zu einem anderen Mitbewerber. Der Anbieter verlangte daraufhin die Bezahlung der angefallenen Entgelte. Zu Unrecht. Auch nach altem Recht, d.h. vor Inkrafttreten des § 46 Abs.8 TKG, habe der Kunde einen Anspruch auf Fortsetzung des DSL-Vertrags am neuen Wohnort, wenn das TK-Unternehmen hierzu technisch in der Lage sei.
Da die Klägerin sich hier jedoch geweigert habe, habe der Beklagte zu Recht kündigen dürfen. Der Klägerin stünden daher keinerlei Entgelte zu.
Die Gesichtserkennung sei inzwischen europaweit abgeschaltet und die Daten seien auch gelöscht worden. Dies sei von der Hamburger Behörde kontrolliert worden. Prof. Caspar: "Facebook hat auf unseren Druck reagiert und die rechtswidrige Erhebung personenbezogener Daten eingestellt sowie die zur Dokumentation erforderlichen Auskünfte erteilt. Außerdem wurde zugesagt, dass Facebook zukünftig die datenschutzrechtlichen Vorgaben erfüllen wird.
Auch sei Facebook erläutert worden, dass unverzüglich ein neues Verwaltungsverfahren begonnen würde, wenn die Gesichtserkennung - ohne Maßgabe der geltenden gesetzlichen Bestimmungen - zukünftig erneut vorgenommen würde.
Die Behörde erklärt u.a., dass ihrer Ansicht nach in der Vergangenheit kein betrieblicher Datenschutzbeauftragter ordnungsgemäß bestellt wurde, weil es sich dabei um einen Miteigentümer (Gesellschafter) gehandelt habe, der aber aufgrund seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht hinreichend unabhängig gewesen sei. Das von Unister angerufene VG Leipzig hat zu diesem Punkt noch nicht entschieden.
Um nachzuprüfen, ob Unister sich an die geltenden Datenschutzbestimmungen gehalten hat, hat der Sächsische Datenschutzbeauftragte umfangreiche Auskunftsverlangen geltend gemacht. Unister hat sich hiergegen bislang erfolglos gewehrt. Vor dem VG Leipzig unterlag das Unternehmen im einstweiligen Rechtsschutz. Die Entscheidung der Beschwerdeinstanz, des OVG Sachsen, steht noch aus.
|